Mensch Deutschland, was war das Samstag wieder aufregend beim Eurovision Song Contest. Würden wir einen einzigen Punkt bekommen? Würden wir wieder Letzter werden?
Zum Glück kam es anders: Wir wurden Vorletzter. Puh, Glück gehabt… 3 Punkte bekamen wir von unserem Gönner Irland (Vielen Dank, Urlaub ist gebucht) und weitere 3 Punkte von ALLEN Zuschauern, die gevotet haben (zum Vergleich: der Sieger Portugal erhielt von den Zuschauern über 300 Punkte). Toll, mensch. Unterboten wurden wir nur noch von der Ballermannurlaubs-Kombo aus Spanien. Und wieder rätselt ganz Deutschland: Warum haben wir so schlecht abgeschnitten?
Deutschland, ist das dein Ernst?! Schon beim Vorentscheid war mir klar, dass das ganze wieder ne Nullnummer wird. Erstens mag uns niemand in Europa. Warum? Darüber kann man nur rätseln. Da bin selbst ich überfragt. Zweitens haben wir jetzt schon zum dritten Mal in Folge eine nette, hübsche Sängerin mit einem völlig nichtssagenden hübschen Popsong ins Rennen geschickt, genau wie ca. 15 andere Länder. Wiedererkennungswert gleich Null. Ganz ehrlich, warum lernen wir nicht daraus? Wir sind doch jetzt wirklich am Ende angekommen, warum machen wir dann nicht mal was Ausgefallendes? Schlimmer kann’s ja nicht werden. Ich bin dafür, dass wir endlich mal Santiano in den ESC schicken. Nein, das ist kein Scherz. Ich erkläre gerne warum. Zum einen sind sie eine Band. Das für sich ist schon ein Alleinstellungsmerkmal bei 95% Einzeldarbietungen. Dann sind es gestandene Männer. Das verzückt doch die Frauen und Schwulen gleichermaßen. Somit wäre ein Großteil des ESC-Publikums abgedeckt. Und drittens wird da wunderbar norddeutsch chansoniert, was einen hohen Wiedererkennungswert in dem Pop-Einheitsbrei darstellt. Und viertens kann es ja nicht mehr schlechter werden! Also was haben wir zu verlieren?
Wir könnten natürlich auch die beleidigte Leberwurst spielen und einfach nicht mehr am ESC teilnehmen. Aber dann würden wir uns in eine Reihe stellen mit Russland und der Türkei stellen und das will ja nun auch wirklich niemand. Ach ne, die hatten ja ganz andere schwerwiegende Gründe: Russland wollte bewusst eine Sängerin zum ESC schicken, die vor einigen Jahren ein Konzert auf der Krimm gab und dafür über Russland einreiste. Daraufhin hat die Ukraine über die Sängerin ein Einreiseverbot verhängt, woraufhin Russland den ESC komplett boykottierte und auch nicht ausstrahlte. Ich sag ja: Beleidigte Leberwurst. Und die Türkei? Die finden das Abstimmungsverfahren mit den Jurys einfach total daneben. Kann man ja verstehen. Wie soll Erdogan auch Jurys aus 42 Ländern manipulieren? Das ist selbst für ihn eine zu große Aufgabe. Wahrscheinlich ist ihm das Ganze auch einfach zu schwul. Bei dem Motto „Celebrating Diversity“ klappt es ihm wahrscheinlich die Fußnägel hoch.
Apropos Jurys. Unser war in diesem Jahr ja auch mal wieder die Crème de la Crème. Musikproduzent Andreas Herbig (okay, vielleicht Ahnung, kenn ich nicht), Adel Tawil (na gut, von mir aus), Joy Denalane (deutsche Soulsängerin, kaum jemandem ein Begriff), Nicole (wurde mal wieder als ehemalige ESC-Gewinnerin aus der Versenkung ausgegraben) und Wincent Weiss (ehrlich? Ein Hit und man ist Musikexperte? Wahrscheinlich wurde der nur ausgesucht, damit die jungen Leute irgendjemanden in der Jury kennen). Das ganze musikalische Fachwissen dieser Jury wurde deutlich, als sie, entgegen dem Rest Europas, ihre 12 Punkte dem Beitrag aus Norwegen gaben. Begründung Nicole: „Das war am nächsten am heutigen Zeitgeist.“ Richtig, hamma cool, wenn man mal wieder einem am PC zusammengebastelten Beat mit einer völlig austauschbaren Männer- oder Frauenstimme und einem völlig nichtssagenden Text zusammenbastelt. Schon schön, wenn man seine Ohren nicht an etwas Neues gewöhnen muss, sondern beim ESC den gleichen Scheiß hören muss, wie zu 90% im Radio und in den Charts. Danke, Nicole! Ich sag nur: Celebrating Diversity! Zum Glück hat der Rest von Europa scheinbar offenere Ohren und wählte Portugal zum Sieger. Der Portugiese sang eine völlig reduzierte, an einen französischen Chanson anmutende, Nummer, die ohne große Lichtshow und Windmaschine auskam. Danke Europa für diese Wahl. Zeigt es doch, dass auch Songs, die sich dem Mainstream entziehen, eine Chance auf den Sieg haben. Nimm das, Nicole!
Apropos Windmaschine: Mir kam eine Idee, wie man den ESC im nächsten Jahr besser übersteht. Einfach bei jedem Einsatz der Windmaschine einen Kurzen trinken. Spätestens nach dem dritten Ostblock-Land ist man strunzbesoffen. Da ist es dann auch egal, ob wir wieder mit einen hübschen, lächelnden Sängerin und einem völlig austauschbaren Popsong Letzter werden. Kriegt man dann eh nicht mehr mit. In diesem Sinne: Prost!