Freitag, 9. Januar 2015

Du.darfst.nicht.schlafen

Ich war über Silvester mit drei Freundinnen in London, um dort das neue Jahr zu feiern. Da dieser Trip nicht übermäßig viel Geld kosten sollte, entschieden wir uns mit dem Billigfluganbieter Ryanair zu fliegen. Ich hatte schon allerlei Schlechtes über diese Fluggesellschaft gehört, aber ich dachte mir: No risk, no fun. Zuvor holte ich im Internet einige Tipps ein, damit der Flug reibungslos gelingen würde. Da der Flug nur 90 Minuten dauern sollte, machte ich mir keine allzu großen Sorgen. Ich stellte mich also auf rudimentärste Bedingungen ein und ging  dem Unvermeidlichen entgegen. Es mag meinem Schlafmangel geschuldet gewesen sein, aber ich empfand den Hinflug als durchaus annehmbar, auch wenn ich in meinem Sitz so viel Platz hatte wie Rainer Calmund in einem Mini Cooper. Aber für 90 Minuten war es okay. Deshalb war ich dann auch guter Dinge für den Rückflug. Wie sollte ich mich doch täuschen. Ich weiß nicht, ob ihr den Film „Du.darf.nicht.schlafen“ kennt, aber für die Mitarbeiter von Ryanair ist er das oberste Gebot. Dieses Motto zog sich durch den gesamten Flug und machte es mir unmöglich für ein paar Minuten die Augen zu schließen und mich auszuruhen. Wie viele Unternehmen, die etwas billig anbieten, versucht auch Ryanair den Umsatz durch sogenannte „Zusatzverkäufe“ ein bisschen aufzupolieren. Schon vor dem Start wandelte eine nette Stewardess den Gang entlang und verteilte Menükarten, damit sich der geneigte Passagier schon einmal etwas zu essen und trinken für den immens langen Flug aussuchen konnte (gegen Aufpreis versteht sich). Dann folgten  die obligatorischen Sicherheitseinweisungen, bei denen sich die netten Flugbegleiter jedes Mal zum Horst machen müssen. Bis zu diesem Zeitpunkt ist die Stewardess bereits zweimal an meinem Platz vorbeigelaufen und hat es beide Male geschafft mich mit ihrem Hintern am Arm anzurempeln. Eigentlich hatte ich mir extra den Platz am Gang ausgesucht, um ein bisschen mehr Beinfreiheit zu haben, aber da ich nun vor den Mitarbeitern jedes Mal Reißaus nehmen musste, war dieser Platz eigentlich die schlechteste Wahl. Naja.
Nachdem die „Safety Instructions“ beendet waren (auf Englisch) verließen die Flugbegleiter den Mittelgang, natürlich nicht, ohne mich alle nochmals anzustoßen. Ich schloss die Augen und versuchte einzuschlafen, da der Start und die Landung nicht gerade zu meinen Lieblingsmomenten eines Fluges gehören. Nach einer Minute wurde ich jedoch in meiner Einschlafphase unterbrochen, da nun noch einmal die Sicherheitshinweise auf Deutsch folgten, allerdings nur in Audioform, ohne erneute Darstellung. Danach versuchte ich erneut den Schlaf zu finden, jedoch weiterhin erfolglos, da sich nun der Kapitän zu Wort meldete, um uns alle zu begrüßen. Zumindest denke ich dass er das getan hat, denn der Gute hat so genuschelt, dass man ihn leider nicht verstehen konnte. Danach folgte das Genuschel noch einmal auf Deutsch (könnte auch Suaheli gewesen sein, wer weiß…). Im Anschluss kontrollierten dann ALLE Flugbegleiter, ob man auch wirklich angeschnallt ist. Es reicht natürlich nicht, dass das einer macht, nein, da müssen schon gerne alle vier nochmal nachschauen. Kurz darauf nuschelt der Pilot wieder etwas durch das Mikro (mir wurde erzählt, dass er wohl sein Personal dazu aufgefordert hat, sich nun auch zu setzen und anzuschnallen, aber das sind nur Vermutungen) und der Flug konnte endlich losgehen.
Da ich mich eh nicht bewegen konnte, machte ich einfach in dieser Position die Augen zu und hoffte nun endlich schlafen zu können. Aber weit gefehlt. Sobald die Anschnallzeichen ausgingen, wurde ich bereits wieder von hinten angerempelt und die erste Stewardess stand wieder im Gang. Sie wollte einfach mal nach vorne durchgehen. Kann man ja mal machen. Ich habe den leisen Verdacht die Ryanair-Mitarbeiter werden nach gelaufenen Kilometern bezahlt. 2 Minuten später fand ich heraus, warum sie nach vorne gelaufen ist. Es war an der Zeit die Essens- und Getränkewünsche der Passagiere zu erfüllen, zu dessen Zweck sie ja bereits vor dem Start die Menükarten verteilt hatten. Zu diesem Zweck wurde auch das Licht wieder eingeschaltet, dass für den Start auf ein herrliches kleines Glimmen heruntergefahren wurde. Jetzt gab es wieder die volle Festbeleuchtung. Jippie! Ich wurde nun zusätzlich zur Flugbegleiterin auch noch von ihrem Wagen angerempelt und musste den Schlaf noch weiter nach hinten schieben. Nach der Nahrungsausgabe gab es tatsächlich ein Zeitfenster von 15 Minuten, in denen es möglich wäre einzuschlafen, aber ich hatte die Rechnung natürlich ohne Ryanair gemacht. Dem Pilot war leider erst NACH Betätigen des Mikrofon-Knopfes eingefallen, dass er gar nicht zu sagen hatte und so hörte man im ganzen Flugzeug einfach nur ein Düt – Stille – Düt. Diese Masche sollte übrigens noch zwei weitere Male folgen, in Zeitfenstern, in denen der Passagier versehentlich hätte einschlafen können, weil gerade niemand durch den Gang läuft. Nach 15 Minuten wurde ich dann wieder doppelt angerempelt, weil die Stewardessen sich nun mit ihrem Wagen aufmachte, um den Müll einzusammeln, den die Passagiere durch das Zu-sich-nehmen von Speisen und Getränken verursacht hatten.

Wenig später folgte dann wieder eine „Durchsage“, die sich mir nur erschloss, weil kurz darauf der grinsende Steward mit Prospekten durch den Gang lief (natürlich nicht, ohne mich anzustoßen). Ah, die Ansage betraf das allseits beliebte Duty-free Shopping. Der Dauergrinser verschwand und seine Kolleginnen rollerten mit den Duty-free Wagen durch den Gang (ich hatte mittlerweile meinen Arm schon fast auf meiner Sitznachbarin geparkt und sie schafften es trotzdem noch…). Nachdem nun die Zusatzverkäufe abgehakt waren, machte uns der Nuschelkapitän darauf aufmerksam, dass wir bald landen würden. Die Landung verschlafen wäre das tollste, da sie noch schlimmer ist als der Start, aber da hatte ich die Rechnung ohne die Ryanair-Mitarbeiter gemacht. Nach einem erneuten „Schweige-Düt“ fiel dem Kapitän wieder ein, was er sagen wollte und sagte den Mitarbeitern durch’s Mikro, dass auch sie sich jetzt bitte wieder hinsetzen und anschnallen mögen. Das zog natürlich wieder ein Anrempeln nach sich, war ja klar. Dann merkte eine der Stewardessen noch, dass sie gar nicht auf der richtigen Seite des Flugzeuges war (ja klar, die wollte doch nur Kilometer gut machen) und begab sich auf die andere Seite, indem sie mir mit ihrem Hintern nochmal schön einen mitgab. Der Landeanflug gestaltete sich so unangenehm wie erwartet (schlafend wäre es schöner gewesen) und mit einem riesigen Ruck schlugen wir auf der Erde auf. Komischerweise klatschte keiner (versteh gar nicht wieso nicht…) und nachdem der Pilot sich zum Gate geruckelt hatte, verließ ich völlig gerädert das Flugzeug, indem ich an den nett grinsenden Stewardessen vorbeiging. Hmmm, irgendwie hatten die alle Ähnlichkeit mit Kim Kardashian… 

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