Dienstag, 18. August 2015

"Die Ödnis-Welle aus Hollywood" oder "Wie ich im Kinosessel langsam dahinvegetiere"

Stellt euch vor, ihr kommt jeden Abend von der Arbeit nach Hause und euer Partner/eure Partnerin ist so liebevoll und kocht euch jeden Abend ein Abendessen. Da freut man sich, ist ja klar. Aber wenn er oder sie jeden Abend das gleiche kocht, wird es nach einiger Zeit langweilig. Stellt euch vor, es gibt jeden Abend Nudeln mit Soße. Die ganze Woche, den ganzen Monat, das ganze Jahr. Ab und zu wird mal die Nudelsorte gewechselt, und auch die Soße variiert von Zeit zu Zeit, aber es ist und bleibt das gleiche Essen. Wenn ihr dann mal anmerkt, dass man doch auch mal etwas anderes kochen könnte, antwortet euer Partner/eure Partnerin: Ja, könnte man, aber Nudeln schmecken doch gut und sind günstig, warum sollen wir denn an etwas, das so gut funktioniert, etwas ändern? 
Genauso geht es mir (und nicht nur mir) mit dem Kino seit geraumer Zeit. Wer mich kennt, weiß, dass ich gerne Filme schaue. Die über 500 DVDs bei mir zu Hause beweisen dies. Aber seit einigen Jahren macht sich ein Trend breit, der mich als Cineast ziemlich ernüchtert und nicht zuletzt böse macht: Der Remake-Reboot-Prequel-Sequel-Wahnsinn in Hollywood. Für diejenigen von euch, die mit diesen Begriffen nichts anfangen können, erkläre ich sie kurz. Das Remake dürfte vielen bekannt sein. Ein Film wird mit den gleichen Figuren und den gleichen Geschichten noch einmal neu gedreht, z.B. Psycho oder Poltergeist. Ein Reboot ist ähnlich, nur wird hier die Story verändert (derzeit seeeeeehr beliebt in Hollywood), z.B. Spiderman, Batman, Superman… Ein Prequel und ein Sequel drehen sich immer um einen Hauptfilm. Wenn von diesem ausgehend die Fortsetzung in der Vergangenheit des Hauptfilmes spielt, nennt man es Prequel und anders herum natürlich, wenn es in der Zukunft spielt, ein Sequel.
Nun sind diese Begriffe scheinbar in die heilige Bibel des Filmemachens in Hollywood aufgenommen worden, denn aus diesen Kategorien speisen sich 99% der letzen und auch kommenden Filme aus der Traumfabrik. Ich habe bei Facebook eine Movie-Seite abonniert und dort erfahre ich jeden Tag von der Ideenlosigkeit der Regisseure und vor allem Produzenten in Hollywood. Tag ein, Tag aus, erscheinen dort Nachrichten zu Prequels, Sequels und Reboots von Filmen, die ich echt langsam nicht mehr sehen kann. Ganz vorne mit dabei sind die Superhelden-Filme. Ich verfluche mittlerweile alle Comiczeichner, dass sie so viele Helden erschaffen und durch so viele Abenteuer haben laufen lassen, dass es für Filme für die nächsten dreißig Jahre reicht. Ich habe vor kurzem „The Avengers 2“ gesehen. Ich kann nicht verstehen, warum dieser Film so erfolgreich ist. Es beginnt in der ersten Minute mit irgendwelchem Rumgeballer von Soldaten, denen die Avengers dann auf’s Maul hauen. Ich verstand überhaupt nicht, was da gerade los war. Hätte ich mir zum Verständnis vorher noch einmal den ersten Teil ansehen müssen? Nach kurzer Zeit wurde klar, dass sie irgendwas suchen. Ah, gefunden. Dann kommt das Böse und will alles zerstören, die Avengers finden zwei neue Leute mit tollen Fähigkeiten, bündeln ihre Macht und retten die Menschen. Ach ja, ne Liebesgeschichte gibt’s natürlich auch noch. Das ganze garniert mit einem Übermaß an CGI-Technik und der neue Blockbuster ist fertig. Gut, kann man sich mal angucken, aber hat ungefähr genauso viel Gehalt wie ein Buttertoast von Aldi. Ach ja, noch eine Cineasten-Vokabel: CGI. CGI ist die Computertechnik, mit der Effekte, Figuren oder auch ganze Landschaften per Computer erschaffen werden. Die Schauspieler drehen dann vor einem sogenannten Green-Screen, in den dann nachher das Bild digital eingefügt wird. Punktuell eingesetzt kann man das durchaus verkraften, aber man kann es auch deutlich übertreiben, siehe die „Der Hobbit“-Triologie. Nach den wirklich gelungen „Herr der Ringe“-Verfilmungen, musste man natürlich auch noch die Vorgeschichte „Der kleine Hobbit“ verfilmen. Nachdem man Peter Jackson endlich genug Geld angeboten hatte, erbarmte er sich, auch diese Spektakel in Mittelerde zu verfilmen. Moment, Spektakel? Ach nee, dass suggerieren ja nur die Filme, das Buch ist ja nochmal ne ganz andere Nummer. Da ist von Spektakel nämlich weit und breit nichts zu sehen. Ich frage mich wirklich, wie geldgeil man sein kann, wenn man ein ca. 140 Seiten Buch in drei Filme aufteilt?! So ein riesiger Schwachsinn! Lieblos adaptiert, kann man ca. neun Stunden lang zusehen, wie Bilbo (der kleine Hobbit) mit den Zwergen und Gandalf zu einem Berg läuft um das rechtmäßige Eigentum der Zwerge von einem Drachen zurückzuverlangen. Zur Rechtfertigung von drei Teilen erfindet man dann nochmal eben eine Liebesgeschichte zwischen einem Zwerg und einer Elbin hinzu, schmeißt eine Riesenportion CGI hinzu und bläst einen Kampf gegen Ende der Geschichte zu einer epischen Schlacht auf, bei der ich immer noch das fünfte Heer aus dem namensgebenden Titel „Die Schlacht der fünf Heere“ suche. Konnte ich bis jetzt nicht finden. Naja, dafür gibt es seelenloses CGI-Geballer, auch toll.
Etwas unnötig zu verlängern, ist leider seit der Teilung des letzten Harry Potter Films total in Mode gekommen. Da die Harry Potter Bücher aber zu meinen Lieblingsbüchern gehören, kann ich es hier noch sehr gut verkraften. Die Produzenten sagten ja auch, dass sie es nur wegen der Story getan haben, weil die Komplexität der Geschichte es einfach verlangte. Mag sein, aber da blinkte bestimmt trotzdem das ein oder andere Dollarzeichen in den Augen der Produzenten. Aber da das ja so gut funktioniert hat, haben sich das andere Produzenten gleich mal zum Vorbild genommen, um noch mehr Kohle aus ihrem eigene Franchises (ein mediales Werk, z.B. Buch oder Film, wird zu einer Marke) zu scheffeln. So durften wir uns über eine Zweiteilung des letzten Teils der Twilight Saga und der Tribute von Panem freuen. Das ganze gipfelte, wie schon erwähnt, in der Dreiteilung des kleinen Hobbits. Und im nächsten Jahr erwartet uns der absolute Supergau dieser Geldmacherei. Da erscheint nämlich der erste Teil der neuen Harry Potter Triologie. Aber nein, es handelt sich nicht um neue Abenteuer von Harry, Hermine und Ron. Weit gefehlt. Es wird ein fiktives Schulbuch über magische Kreaturen verfilmt, dass J.K. Rowling vor einigen Jahren herausgebracht hat. Ein Sachbuch?! Das ist ja wohl der Gipfel des Blödsinns! Da sollte sich die liebe Frau Rowling lieber mal an ihren Schreibtisch setzen und das schon lange versprochene Harry Potter Lexikon auf den Markt bringen. Aber bitte nicht verfilmen!
Den Reboot-Vogel abschießen tut übrigens Spiderman. 2002 erschien der erste Kinofilm mit Tobey Maguire in der Hauptrolle. Nett, konnte man sich gut angucken. Zwei Sequels erschienen 2004 und 2007. Soweit, so gut. Doch schon 2012 rebootete man den Spinnenmann und stülpte das Kostüm einem Neuen über, der auch 2014 seine Fortsetzung bekam. Aber damit ist es ja noch nicht vorbei: 2017 soll ein erneutes Reboot erscheinen, natürlich wieder mit einem neuen Spiderman. Dazu fällt mir eigentlich nicht mehr ein, außer einem verächtlichen Kopfschütteln.
Aber auch andere Filme erhalten in den nächsten Monaten und Jahren ihre Prequels, Sequels und Reboots. So erwartet uns in der Zukunft eine Neuauflage von Baywatch, ein siebter und achter Star Wars Teil, Toy Story 4, Cars 3, Captain America 3, Alice im Wunderland 2, Findet Dori, Bad Boys 3+4, Independence Day 2, der nächste X-Men, Fluch der Karibik 5 und viele mehr.
Ach ja, bei Fluch der Karibik fällt mir ein, dass es sogar Schauspieler gibt, die ihre Rollen gerne mal in anderen Filmen rebooten. Bestes Beispiel: Johnny Depp. Eigentlich ist Johnny Depp ja mein Lieblingsschauspieler, aber was der die letzten Jahre abzieht, geht wirklich auf keine Kuhhaut. So verwurstet er sein Jack Sparrow Image einfach mal gleich in allen kommenden Filmen und trägt dabei einfach nur eine andere Verkleidung: Lone Ranger: Jack Sparrow als Indianer mit totem Raben auf dem Kopf, Dark Shadows: Jack Sparrow als Vampir, Alice im Wunderland: Jack Sparrow als verrückter Hutmacher, Mortdecai: Jack Sparrow als Kunstdieb mit hässlichem Schnurrbart und zu guter Letzt Fluch der Karibik 5: Jack Sparrow als Jack Sparrow. Langsam wird es ziemlich langweilig und auch seine Midlife-Krise ist da keine Ausrede. Dafür hat er doch schon seine elfenhafte Langzeitfreundin und Mutter seiner Kinder Vanessa Paradis verlassen und eine 29jährige Bisexuelle geheiratet. Reicht das nicht? Muss man dann auch noch als Schauspieler dämliche Entscheidungen treffen? Es scheint so. Allerdings lässt sein bald erscheinender Film „Black Mass“ wieder hoffen. Darin spielt er einen Gangsterboss, der nicht interagiert wie Jack Sparrow. Ich bin gespannt. Wenn jemand mal Johnny Depp in gut sehen will, kann ich „Edward mit den Scherenhänden“, „Benny & Joon“ oder auch „Ed Wood“ empfehlen. Johnny Depp in Höchstform.
Aber nochmal zurück zu der aktuellen Ödnis-Welle aus Hollywood. Es ist so unglaublich schade, dass Produzenten sich heutzutage nicht mehr trauen, innovative, mutige Filme zu machen und sich lieber die Taschen vollhauen mit seelenlosen immergleichen 0815-Filmen. Und selbst wenn der Film ein Flop wird, wird noch eine Fortsetzung gedreht, siehe der neueste „Fantastic Four“-Reboot. Lief scheiße, trotzdem wird ein Sequel gedreht. Hä? Erschließt sich mir nicht. Nun gut.
Ins Kino gehen lohnt sich ja sowieso nicht mehr. Selbst aus Deutschland kommen immer nur die gleichen platten (Obacht! Neue Cineasten-Vokabel) RomComs (Romantic Comedy), von den schweigenden Übermächten (gemeint sind Til Schweiger und Matthias Schweighöfer). Die beiden produzieren laufend die immer gleichen Filme, bei denen sich der Herr Schweiger nicht mal mehr die Mühe macht, das Filmplakat zu ändern (siehe Keinohrhasen und Zweiohrküken). Der Schweighöfer ist ja an sich ein guter Schauspieler, doch auch er dreht nur noch die immer gleichen „Er-kriegt-sie-am-Ende-ja-doch“ Filme, die genauso lange beim Zuschauer nachhalten, wie eine Tüte Puffreis. Vielleicht sollten sich die beiden mal mehr an ihrem eigenen Namen orientieren.
Jetzt kann man natürlich sagen: Warum schaust du dir das denn überhaupt an? Das ist eine gute Frage, die ich mir auch schon einige Male gestellt habe. Ich glaube, es ist einfach das „Mitreden-wollen“ und das „Mal- schauen-wie-die-das-umgesetzt-haben“. An einigen Sachen kann man einfach nicht vorbei. „The Avengers“ ist einer der erfolgreichsten Filme aller Zeiten. Da fragt man sich: Warum? Das frage ich mich nach Ansehen des Filmes immer noch, aber nun gut. Von mir aus. Es ist wie bei einem Autounfall: Man will eigentlich nicht hinsehen, aber man kann den Blick nicht abwenden. Leider berechnet sich der Erfolgsgrad eines Films ja an den Zuschauerzahlen. Wenn sie bezahlt haben, sind sie gezählt. Basta. Da ist es egal, was die Zuschauer NACH dem Film von diesem halten. Ich glaube, wenn man nach einem Film mal eine Umfrage machen würde, kämen einige Filme bestimmt nicht so gut weg.
Übrigens folgt bald eine Realverfilmung von „Das Dschungelbuch“. Ich bin mal gespannt WIE dämlich es aussieht, wenn reale Tiere auf einmal anfangen „Probier’s mal mit Gemütlichkeit“ zu singen. Da ist das Augenrollen ja schon vorprogrammiert. Ich finde es grausam, dass man Klassiker nicht einfach mal Klassiker sein lassen kann. Warum muss man alles bis zum geht nicht mehr ausschlachten und erneuern. Diese Filme sind Klassiker, weil sie so sind wie sie sind. Und das muss man nicht ändern. Basta. Nur weil Produzenten sich die Taschen vollmachen wollen, um Nutten und Koks bezahlen zu können. Anders kann ich mir das nicht erklären. Da muss doch im Oberstübchen schon einiges kaputt sein, wenn man nicht rafft, dass man einen Klassiker wie „Psycho“ von Meisterregisseur Alfred Hitchcock nicht remaken kann. Das musste ja schief gehen. Das ist nicht umsonst ein KLASSIKER!
Ich weiß ja auch nicht, ob die Produzenten das nicht wissen, aber man kann sich einen Film auch mehr als einmal anschauen. Da gibt es solche runden Scheiben, die einen immer wieder den gleichen Film vorspielen. Da braucht man nicht alle zwei Jahre den gleichen Film in immer schlechter werdender Qualität nochmal ins Kino bringen. Aber an so einer DVD verdient der geneigte Produzent und Studioboss natürlich so gut wie nichts. Und dann wird das Geld für Nutten und Koks langsam knapp… Also schnell die neue Hexalogie des 34. „Was ist Was“- Buches über Fische und Meerestiere herausgebracht und die Hand aufgehalten…

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